Über einen Zeitraum von vier Wochen haben mehr als 15 Mitarbeitende des Instituts sechs Rotorblätter für zwei 4,2 MW-Anlagen der Fa. ENERCON mit Sensoren ausgerüstet. Die installierte Sensorik ermöglicht es, umfassende Informationen über Verformungszustände, Belastungen und Schadensereignisse im Betrieb zu erfassen. Erkenntnisse, die für die Entwicklung zukünftiger Generationen von Rotorblättern enorm wertvoll sind. Zukünftig steht dem DLR mit den hochinstrumentierten Rotorblättern im Forschungspark Windenergie WiValdi (Wind Validation) in Krummendeich eine einzigartige Plattform zur Verfügung, um Technologien zur Strukturüberwachung unter realen Bedingungen im Originalmaßstab zu erforschen.
Instrumentierung im Serientakt
Gemeinsam mit dem DLR-Institut für Aeroelastik und der zum Zentrum für Windenergieforschung gehörenden Leibniz Universität Hannover fand die Installation der Sensorik im portugiesischen Werk des Industriepartners ENERCON im laufenden Produktionsbetrieb statt. Zeit und Effizienz beim Einbau der Sensorik spielten dabei eine entscheidende Rolle. Für jedes Rotorblatt mussten Hunderte von Sensoren innerhalb von 24 Stunden fehlerfrei installiert und angeschlossen werden. Viele der Sensoren sind nach der Produktion nicht mehr zugänglich. Um den zuverlässigen Betrieb über 20 Jahre Anlagenlaufzeit gewährleisten zu können, musste trotz des Zeitdrucks der Serienproduktion mit höchster Sorgfalt gearbeitet werden. Ohne eine einjährige Vorbereitung mit detaillierter Planung und Trainingsphasen, um die Montage der Sensoren vorab zu üben und das beste Vorgehen zu identifizieren, wäre das nicht möglich gewesen. Dass sich diese Mühe gelohnt hat, zeigt ein erster großer Erfolg. Nach der Ankunft der Blätter in Deutschland waren alle Sensoren funktionsfähig und lieferten die gewünschten Daten.
Einzigartige Sensorik zur Strukturüberwachung
Der Fokus des Instituts liegt auf verschiedenen Sensorsystemen zur Überwachung struktureller Eigenschaften der Rotorblätter. Faseroptische Dehnungssensoren ermöglichen es, eine große Anzahl von Messpunkten zu realisieren, da entlang einer Faser viele Messgitter eingebracht werden können. In Summe wurden in den sechs Rotorblättern 6 km Glasfasern mit insgesamt 696 Messgittern verlegt. Dabei wurden wesentliche Strukturkomponenten wie Schalen, Stege und Gurte berücksichtigt. Mit dieser hohen Sensordichte sind detaillierte Aussagen über lokale Dehnungen, globale Verformungen und Schnittlasten möglich, die u. a. zur Validierung von Simulationsmodellen herangezogen werden können.
Zusätzlich wurden in die Rotorblätter Netzwerke mit piezoelektrischen Wandlern integriert. Diese Wandler senden und empfangen Ultraschallsignale, erkennen entstehende Schäden und erlauben eine kontinuierliche Überwachung des Schadensfortschritts. Zur Reduktion des Verkabelungsaufwands wurden die insgesamt 64 Einzelsensoren in neun Netzwerken zusammengefasst, die jeweils mit speziell entwickelter Multiplexer-Elektronik ausgestattet sind, um über eine Leitung mehrere Sensoren ansteuern und auslesen zu können. Eine Herausforderung bei der Interpretation der Ultraschallsignale stellen sich verändernde Umweltbedingungen dar, wie sie im Betrieb einer Windenergieanlage auftreten (z. B. Temperatur, Lasten). Mit den hochinstrumentierten Rotorblättern steht nun eine Forschungsplattform zur Verfügung, mit der solche Effekte untersucht und darauf basierend neue robuste Algorithmen zur Schadenserkennung entwickelt werden können. Ein notwendiger Schritt, um diese Technologie vom Labor in die Anwendung zu bringen.