Für die gesellschaftliche Akzeptanz der kommerziellen Luftfahrt ist die Umsetzung nachhaltiger Lösungen zur Emissionsreduktion im Langstrecken-Luftverkehr von zentraler Bedeutung. Durch den Ansatz einer aktiven Grenzschichtabsaugung im vorderen Flügelbereich wird im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms Clean Sky 2 (CS2) eine Steigerung der aerodynamischen Effizienz und damit einen Senkung des Energieverbrauchs verfolgt. Dabei ist die Widerstandsfähigkeit der Flügelvorderkante gegenüber Vogelschlag eine der grundlegende Zulassungsvoraussetzungen für Passagierflugzeuge, die sich im Vorfeld mit der aktuellen Bauweise als besondere Herausforderung erwiesen hat.
Sichere Ökoeffizienz durch optimierte Anbindung
Die bisher gefertigten Demonstratoren dienten dem Funktionsnachweis und der Entwicklung eines Fertigungskonzepts. Dabei erwies sich zum einen die verwendete Bauweise mit in den Hautlagen integrierten Stringerschaumkernen als unzureichend, um einem Vogelschlag standzuhalten, zum anderen aber als zeitintensiv in der Fertigung. Das Versagen der Stringeranbindung im Impaktbereich führt zu einem Aufreißen der Hautlagen auch zwischen den Versteifungen und damit zu einem kritischen Versagen der Gesamtstruktur über die Einschlagstelle hinaus. Im Rahmen des Re-Designs einer impact-optimierten Flügelvorderkante wurden sowohl der Laminataufbau der Carbonfaserverbund (CFK)-Struktur verstärkt und komplett neu definiert als auch das Stringeranbindungskonzept überarbeitet. In der impact-optimierten Bauweise werden die Stringer auf die Hautlagen der Struktur aufgesetzt. Um die Stringerversteifungen im Co-Fusionsverfahren an die Struktur anzubinden, wurden sie mit Glasfasergewebeschläuchen überzogen.
Flügelnasenstruktur mit zwischen den Hautlagen eingebettetem Schaumkern (links) und optimiertes Konzept mit aufgesetztem Stringer (rechts)
Kosteneffiziente Sicherheit durch fertigungsgerechte Bauweise
Diese funktionale und strukturelle Trennung der Stringerversteifung von der formgebenden Carbonfaserverbundstruktur führt zu einer deutlichen Verbesserung der Impakt-Resistenz. Die Stringer als „Opferstruktur“ nehmen Impact-Energie auf, ohne die dahinter liegende Struktur global in Mitleidenschaft zu ziehen. Dadurch bleibt die Steifigkeit der Struktur erhalten und im Falle eines Vogelschlags hält sich der Schaden lokal in Grenzen. Dieses wurde im Vogelschlagversuch nachgewiesen. Außerdem reduziert sich der Zeitaufwand für die Vorbereitung der Stringer um ca. 90 %. Diese Vereinfachung kann zu einer Kostenersparnis von bis zu 75 % in der Bauteilserienfertigung führen. Als weiteren positiven Nebeneffekt mildert die Modifikation mittels Glasfasergewebe die deutlichen Unterschiede der thermomechanischen Eigenschaften zwischen Titanhaut und CFK.
Die impact-optimierte Flügelvorderkante ist ein gutes Beispiel dafür, wie Funktionstrennung und Vereinfachung der Bauteilkomplexität sowohl die Performance verbessern als auch die Fertigungsaufwände unter Beibehaltung der aerodynamischen Effizienz reduzieren. Akzeptable Fertigungskosten erhöhen das Potenzial eines späteren Einsatzes in der Serienfertigung und helfen damit, den gesetzten Klimazielen einen Schritt näher zu kommen.
Erklärung zum Kunstvogel, der für den Versuch verwendet wurde.