Im Innovationszentrum für Kleinflugzeug-Technologien (INK) werden durch die DLR-Einrichtung Technologien für Kleinflugzeuge die Kompetenzen mehrerer DLR-Institute in der Städteregion Aachen räumlich zusammengeführt. 2021 starteten die ersten sechs Projekte unter Beteiligung von insgesamt 14 DLR-Instituten und -Einrichtungen sowie einigen externen Partnern, mit dem Ziel, den Luftverkehr der Zukunft zu erforschen, klimaverträgliche Technologien zu entwickeln und das emissions- und lärmreduzierte Fliegen zu ermöglichen. Eines dieser Projekte ist KoPf: „Kennwertdatenbank und optimierte Produktionstechnik für Kleinflugzeuge“. Darin wird der Übergang von der nachgeschalteten Qualitätssicherung einer statischen Produktionsumgebung zu einer „Ist-Daten“-basierten Qualitätsoptimierung in einem dynamischen Produktionsumfeld eingeleitet.
Leichter durch mehr Durchblick
Die Digitalisierung von Herstellungsprozessen bietet Möglichkeiten, die durch das „Amendment 5“ der EASA erweiterten Zulassungsregeln effizient zu nutzen, ohne Kompromisse hinsichtlich der Sicherheit von Luftfahrzeugen einzugehen: Durch die lückenlose Überwachung und Dokumentation von Fertigungsprozessen werden Unsicherheiten in der Fertigung und daraus resultierende Abminderungsfaktoren auf Kennwerte abgebaut, der Ausschuss reduziert und das Leichtbaupotenzial moderner Bauweisen besser ausgenutzt. Die Digitalisierung hat damit einen direkten Einfluss auf die Ressourcenschonung in der Produktion und die Verbesserung der Klimabilanz in der operationellen Lebensphase von Fluggeräten.
Die Fertigung von kostengünstigen, hochpräzisen und leistungsfähigen Strukturbauteilen erfordert allerdings eine Infrastruktur der nächsten Generation mit automatischen Qualitätssicherungsmethoden und Möglichkeiten der adaptiven Prozessanpassung. Der Wandel von festgelegten Abminderungsfaktoren hin zur fertigungsdatenbasierten Auslegung kann auch für Bauteile aus komplexen Werkstoffen wie Faserverbunde gelingen. Die dafür notwendige Vorraussetzung ist eine vollständig digitalisierte und akkreditierte Fertigungsumgebung, in der hochwertige Prüfkörper qualitätsgesichert hergestellt und zertifiziert getestet werden. Diese Umgebung bietet die Grundlage dafür, real erreichte Bauteilkennwerte mit gemessenen Fertigungsparametern in Korrelation zu bringen. Sind diese Zusammenhänge nachgewiesen und quantifiziert, können prozessabhängige Kennwerte für die Bewertung und Zulassung von gefertigten Bauteilen genutzt werden.
Prall gefüllter Datenschatz
Wir verfolgen im Projekt „KoPf“ mit der umfassenden Digitalisierung der DLR-eigenen Fertigungs- und Testinfrastrukturen das Ziel, eine Korrelation zwischen den Charakteristika der Leichtbau-Halbzeuge, den bei der Bauteilherstellung verwendeten Fertigungsparametern und den resultierenden Bauteilkennwerten herzustellen. Dabei untersuchen wir die Eigenschaften der individuell prozessierten und anschließend getesteten Faserverbundbauteile durch eine Vielzahl von Versuchen einschließlich statistischer Analysen. Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse münden in einer prozessdatenbasierten, in der ersten Ausbaustufe DLR-weit verfügbaren Materialdatenbank mit Metainformationen. Die Daten werden dabei überprüfbar, nachvollziehbar und vertrauensvoll teilbar sein und die Grundlage für anschließende digitale Prozesse (Auslegung, Wartungsplanung, Reparatur, IoT, Big Data etc.) bilden.
Die erreichbare Genauigkeit der Materialkennwerte bildet die Grundlage für eine akzeptable Vorhersagegenauigkeit in der Zertifizierung. Die hierdurch gewonnene Aussagegüte ermöglicht bei einer simulationsbasierten Zertifizierung eine Verringerung der Abminderungsfaktoren. Weiterhin beschleunigt und vereinfacht der Ansatz die Zulassung neuer, emissionsarmer Flugzeugkonfigurationen. Nicht zuletzt können nachhaltige Bio-Halbzeuge durch das Abfangen ihrer charakteristischen Streuungen größere Anwendung finden.