Warum „klingt“ ein Schlafzimmer anders als ein Bad und warum kann man sich in manchen Räumen so schlecht unterhalten? Die Antwort ist: Es hängt von den Dämpfungseigenschaften der Materialien in diesen Räumen ab. Die akustische Untersuchung neuer Materialien und die Entwicklung von Konzepten zur Schalldämpfung erfordern viel Technik und Know-how. Dies gilt insbesondere für Leichtbaustrukturen und -systeme, weil deren Masse und Volumen auf ein Minimum reduziert werden müssen. Das unten dargestellte Impedanzmessrohr ist ein etabliertes Hilfsmittel, mit dem sich Materialien akustisch untersuchen lassen. Neue ultraleichte Materialien wie Aerogele können damit schnell und zuverlässig geprüft und mit herkömmlichen Dämmstoffen wie Schäumen oder Mineralwolle verglichen werden. Vielversprechende neue Materialien werden anschließend im Schalltransmissionsprüfstand des Instituts weiteren Tests unterzogen. Diese erfolgen in einem größeren Maßstab und unter realistischeren Randbedingungen. Auf diese Weise entstehen innovative Schallschutzlösungen, die eine hohe Schalldämpfung mit niedrigem Gewicht und Volumen in sich vereinen.
Leicht und schallschluckend heißt die Devise
Leichte Materialien mit einer hohen Schalldämpfung sind in der Luftfahrt heiß begehrt, weil dort jedes Gramm zählt. Außerdem sind neue energieeffiziente Triebwerke mit offenen Rotoren sehr laut, was zu unangenehmen Tönen in der Kabine führen kann. Im Rahmen des Projekts InDiCaD (Innovative Digital Cabin Design) untersuchen wir zusammen mit dem DLR-Institut für Werkstoffforschung ultraleichte Materialien auf Basis von Aerogelen, welche als Isolierung zwischen Rumpf und Kabine dienen könnten. Ob ein Material schallschluckend ist und bei welchen Frequenzen dieser Effekt auftritt, zeigt der sogenannte Schallabsorptionskoeffizient. Dieser nimmt abhängig von der Frequenz Werte zwischen null und eins an, wobei null für keine und eins für vollständige Absorption des Schalls steht. Wie im Diagramm rechts zu sehen, ist die Schallabsorption von konventionellen Dämmstoffen (Schaumstoff und Glaswolle) bei tiefen Frequenzen unter 500 Hz sehr gering, sodass die tiefen Töne eines Triebwerks nahezu ungehindert in die Kabine gelangen können. Mit Aerogelen können tiefe Frequenzen jedoch deutlich stärker absorbiert werden.
Maßgeschneiderte Akustiklösungen für den Leichtbau
Der Frequenzverlauf der Absorption für eine senkrecht einfallende ebene Schallwelle wird in einem Impedanzmessrohr ermittelt. Dazu wird eine zylindrische Probe in den Probenhalter des Rohrs eingebaut und mit einem sich an einem Ende des Rohrs befindlichen Lautsprechers beschallt. Aus den Signalen der Mikrofone des Impedanzmessrohrs kann anschließend der Absorptionskoeffizient eines Materials ermittelt werden. Geeignete Materialien werden anschließend in größerem Maßstab im akustischen Transmissionsprüfstand des Instituts eingehend geprüft. Mit seinem voll ausgestatteten Transmissionsprüfstand kann das Institut maßgeschneiderte Akustiklösungen entwickeln und unter realitätsnahen Bedingungen testen. Eine Besonderheit dieses Labors ist die Möglichkeit zur Erzeugung nahezu beliebiger Schallfelder mit Hilfe eines Lautsprecherfelds mit 112 einzeln ansteuerbaren Schallquellen. Somit können die im Impedanzmessrohr ermittelten Dämpfungseigenschaften unter realistischen Schalldruckverteilungen verifiziert werden. Neben der Entwicklung maßgeschneiderter Akustiklösungen für den Systemleichtbau werden auch existierende Materialien und Systeme analysiert und akustisch optimiert. So kann das Schwingungsverhalten oder die Schallabstrahlung in einer späten Phase der Produktentstehung, aber auch nach der Markeinführung optimiert werden.