Die adaptive Formanpassung von Oberflächen – auch Morphing genannt – ist ein von der Natur abgeleitetes bionisches Konzept. Vögel und Insekten sind in der Lage, durch die Veränderung ihrer Flügelform mit unterschiedlichsten Flugbedingungen zurechtzukommen. In ähnlicher Weise sollen Morphing-Strukturen in der Luftfahrt eingesetzt werden, um die Treibstoffeffizienz von Flugzeugen zu verbessern. Beispielsweise sind morphende Kompressorschaufeln in der Lage, ihre Geometrie an die Anströmbedingungen anzupassen, um so die aerodynamischen Strömungseigenschaften und die Leistung zu verbessern. Optimale Schaufelkonfigurationen in Bezug auf die aerodynamische Leistung können durch die Lösung eines aerostrukturellen Optimierungsproblems gefunden werden, welches aerodynamische Lasten, Spannungen und Verformungen berücksichtigt. Dadurch ist eine vollständige und zuverlässige Betrachtung sichergestellt.
Aerostrukturelle Kopplung: zwei Disziplinen für ein einziges Ziel
Bei luftfahrttechnischen Problemen sind Aerodynamik und Strukturmechanik zwei wichtige Disziplinen, die häufig unterschiedliche Anforderungen an die Strukturen stellen. Die Struktur muss stabil genug sein, um den aerodynamischen Belastungen standzuhalten, ohne ihre aerodynamischen Eigenschaften zu verlieren. Andererseits muss sie flexibel genug sein, um gewünschte Formänderungen für das Morphing zu ermöglichen. Es muss ein Kompromiss zwischen diesen beiden Anforderungen gefunden werden. Die starke Kopplung der beiden Disziplinen Aerodynamik und Strukturmechanik erfordert eine kombinierte Betrachtung der für die numerische Simulation verwendeten Löser. Dadurch wird eine vollständige und zuverlässige Untersuchung morphender Flugzeugstrukturen möglich.
Gekoppelte Optimierung, um die besten Konfigurationen zu finden
Die aerodynamische Leistung von Triebwerken kann durch Morphing der Kompressorschaufeln verbessert werden. Dabei werden Aktuatoren auf Basis von Formgedächtnislegierungen verwendet, um die Form der Schaufel-Vorderkante an die Anströmbedingungen anzupassen.
Die Leistungsanalyse von in Reihe geschalteter morphenden Kompressorschaufeln – auch Morphing-Kaskade genannt – besteht in einer aerostrukturellen Kopplungsmethode, die in eine Mehrzieloptimierung integriert ist, bei der Bedingungen im und außerhalb des Auslegungspunktes für die Zielfunktionsbewertung berücksichtigt werden. Während die Schaufel im Auslegungspunkt ihre ursprüngliche Form beibehält, beginnt sich die Strömung über der Schaufel ausserhalb des Auslegungspunktes zu trennen, was zu einer Verschlechterung der Kaskadenleistung führt und daher eine Anpassung der Form der Vorderkante an die Anströmungsbedingungen erfordert.
Die im Optimierungsproblem berücksichtigte aerostrukturelle Kopplung besteht aus einer kontinuierlichen Rückkopplungsschleife zwischen der numerischen Strömungsberechnung (CFD) und der Finite Elemente Analyse (FEA). Die aus der CFD berechneten aerodynamischen Lasten werden an die FEA weitergegeben. In der FEA werden die Spannungen und Verformungen ermittelt, die infolge der aerodynamischen Lasten und der aktuatorischen Kräfte entstehen. Die resultierende verformte Schaufelgeometrie fließt anschließend wieder in die CFD ein, wo neue Lastbedingungen ausgewertet werden. Die Schleife wird bis zur Konvergenz wiederholt. Die Menge der optimalen Lösungen (Pareto-Front) umfasst Schaufelkonfigurationen, die zu einer Leistungsverbesserung zwischen 45 % und 55 % außerhalb des Auslegungspunktes führen, ohne die aerodynamische Leistung im Auslegungspunkt nennenswert zu beeinträchtigen.