Fliegen mit weniger CO2-Emissionen als bisher – dafür Lösungen zu finden, das ist das Ziel des NACOR Proposals im Rahmen des EU-Förderprogramms Clean Sky 2. Mittel der Wahl ist hier die Laminarhaltung der Strömung am Flügel. Das Potenzial für die Reduktion des Widerstands und damit des Treibstoffverbrauchs beträgt bis zu 8 %. Dazu hat unser Institut eine neuartige Vorderkante für den Laminarflügel in Multimaterialbauweise sowie ein passendes Anbindungskonzept entwickelt. Damit ist eine flexible, betriebsgerechte und dennoch genaue Montage möglich. Um die Tauglichkeit des Designs unter Beweis zu stellen, wurden Versuche mit der Vorderkante in einem Flügelausschnittdemonstrator durchgeführt. Diese Versuche sind nun abgeschlossen.
Seit dem vergangenen Jahr ist ein eigens entwickelter Teststand verfügbar, der es ermöglicht, den 2,3 m breiten Demonstrator wie im Reiseflug zu verformen und die Form eines frei hängenden Flugzeugflügels am Boden abzubilden. Nach der Integration der Flügelbox in den Teststand und der Montage der Vorflügelrippen sowie weiterer Strukturelemente an Flügelbox und Flügelvorderkanten kann die Installation der Flügelvorderkante erfolgen.
Neues Anbindungskonzept für Flügelvorderkante ermöglicht Laminarhaltung
Bei der Montage gilt es, die Stufe zwischen der Flügelvorderkante und der Flügelschale an ihrer Verbindungsstelle so klein wie möglich zu halten. Im entwickelten Anbindungskonzept überlappen sich beide Bauteile. Mit einer geschickten Auswahl der Fertigungsprozesse lässt sich so eine kontrollierte Stufenhöhe gewährleisten, wenn beide Teile in vertikaler Richtung sicher aufeinanderliegen. Während der Montage ermöglichen Exzenter an jedem der auf der Innenseite der Struktur liegenden Niete eine vertikale Verschiebung der Vorderkante. Zur Kontrolle, ob der Spalt zwischen Vorderkante und Flügelschale geschlossen ist und beide Teile in Kontakt sind, dient eine Lichtreflexmethode: Ein LED-Band im Radius zwischen den Bauteilen scheint durch den noch geöffneten Spalt und ist als Reflex am Absatz der Vorderkante beobachtbar. Während der Exzentereinstellung entsteht so ein direktes Feedback für die Technikerin oder den Techniker. Sind alle Exzenter eingestellt und ist der Lichtreflex nicht mehr sichtbar, können die Niete angezogen werden. Damit ist die Montage abgeschlossen.
Schnelle Austauschbarkeit der Flügelvorderkante im Schadensfall
Das Anbindungskonzept soll nicht nur die Montageanforderungen aus der Laminarhaltung erfüllen, sondern auch die schnelle Austauschbarkeit der Vorderkante im Schadensfall gewährleisten. Konzeptionell ist hierfür keine mechanische Bearbeitung der neuen Vorderkante notwendig – ein weiterer positiver Effekt der Nutzung der Exzenter in der Verbindung zur Flügelschale.
Die Demontage einer Flügelvorderkante und die Anbringung der Austauschvorderkante gelingen innerhalb von 3 Stunden und 43 Minuten. Der schnelle Austausch am Flügel bei realistischem Verformungszustand wie an einem freistehenden Flugzeug ist damit nachgewiesen. In den kommenden Monaten folgen die genaue Auswertung der Ergebnisse in Bezug auf die Stufenhöhe zwischen Flügelvorderkante und Flügelschale und der Vergleich mit den Simulationen, die der Versuchsreihe vorangegangen sind.
Bei weitergehendem Interesse an der Versuchsreihe und für alle Fragen rund um die Laminarhaltung von Strömungen aus Struktursicht steht Ihnen Herr Olaf Steffen gern zur Verfügung.