Der Energieaufwand und der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen sind bei der Herstellung neuer Kohlenstofffasern (virgin carbon fibre, vCF) auf Basis von Polyacrylnitril (PAN) sehr hoch. Daher ist die Wiederverwendung der Kohlenstofffasern in geschlossenen Stoffkreisläufen aus ökonomischer und ökologischer Sicht erstrebenswert. Dabei bestehen trotz etablierter Recyclingverfahren, wie der Pyrolyse weitere Potenziale bei den CFK. Das Projekt EDISON-rCF* demonstriert die Möglichkeiten einer Recycling-Prozesskette zur Gewinnung hochwertiger rezyklierter Kohlenstofffasern (rCF) aus einem Solvolyseprozess und deren Anwendung in klassischen Faserverbundwerkstoffen sowie einer innovativen Anwendung in Bewehrungsstäben für Carbonbeton.
Effiziente Recyclingverfahren für CFK
Ein wichtiger Faktor für die Einrichtung von Recyclingrouten ist die Schaffung von Anreizen für das Recycling mit geringen Einbußen der Materialeigenschaften (Downcycling), der effizienten Weiterverarbeitung zu neuen Halbzeugen und deren Nutzung in geeigneten Anwendungen. Diese Anreize können über einen attraktiven Preis sowie gute mechanische Eigenschaften geschaffen werden. Dafür wurden im Projekt EDISON-rCF alle notwendigen Schritte von der Zerkleinerung und Sortierung bis hin zur Herstellung neuer Faserhalbzeuge behandelt. Anstatt des etablierten Pyrolyseprozess wurde eine Solvolyse für das Recycling des CFK verwendet. Beim Solvolyseprozess wird zusätzlich zur Wiedergewinnung der Kohlenstofffasern die Polymermatrix des CFK in einem Druckreaktor mit einem Lösungsmittel in erneut nutzbare Oligomere zerlegt.
Potenzielle Nutzungswege im Bausektor
Während die rCF schädigungsfrei aus der Solvolyse gewonnen werden, liegen sie durch die für die Prozessierung notwendige Zerkleinerung in gekürzter Länge vor. Deshalb ist die Herstellung angepasster Halbzeuge ein wichtiger Schritt. Neben Vliesstoffen für klassische Faserverbundanwendungen wurde auch ein innovativer Ansatz zur Verwendung von rCF in Carbonbeton verfolgt. Carbonbeton benötigt aufgrund der besseren Korrosionseigenschaften weniger Material im Vergleich mit einer Bewehrung aus Stahl. Zusammen mit den hervorragenden mechanischen Eigenschaften von CFK ergeben sich damit völlig neue Gestaltungsspielräume. Dafür wurden im Projekt EDISON-rCF erste Bewehrungsstäbe (rCF-Rebar) hergestellt und charakterisiert. Mikroskopaufnahmen ermöglichen wertvolle Rückschlüsse auf die Faserverteilung und deren Ausrichtung sowie Harznester und Lufteinschlüsse.
Ist es auch ökologisch sinnvoll?
Mit der Nutzung von rCF bietet sich das Potenzial die notwendige Energie und damit verbundene Umweltauswirkungen in der Herstellungsphase gegenüber energieintensiven vCF zu verringern. Mit Hilfe einer Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, LCA) wurden dafür alle Prozesschritte im Hinblick auf eine Vielzahl von Wirkungskategorien bewertet. Unter Berücksichtigung der Richtlinie Betonbauteile mit nichtmetallischer Bewehrung des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) wurden generische Bauteile aus Carbonbeton im Hinblick auf vergleichbare mechanische Eigenschaften ausgelegt. In der unteren Abbildung ist ein vorläufiger Vergleich in der Kategorie Treibhauspotenzial (Global Warming Potenzial, GWP) dargestellt. Der geringere Energieverbrauch bei der Solvolyse zur Gewinnung der rCF ist hier entscheidend für die in Summe geringeren Treibhausgasemissionen. Deutlich wird allerdings auch die nicht zu vernachlässigende Unsicherheit der Ergebnisse. Diese ist in der großen Bandbreite verfügbarer Daten für die vCF-Herstellung sowie dem Forschungsstadium für Solvolyse und rCF-Verarbeitung begründet. Eine Steigerung der Effizienz der Prozesskette in einer Serienfertigung ist wahrscheinlich. Daraus lässt sich ein großes Potenzial zur Nutzung von rCF in Carbonbeton ableiten.