Der Ausbau von Stromerzeugung durch Windenergie leistet einen entscheidenden Beitrag zur klimaneutralen Energieversorgung der Bundesrepublik. Aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen müssen zukünftige Windenergieanlagen eine höhere Wirtschaftlichkeit und einen verbesserten Nutzungsgrad aufweisen. Insbesondere die Entwicklung größerer Rotorblätter ist hierfür entscheidend. Etablierte Werkstoffe stoßen jedoch mit Zunahme der Blattgrößen an ihre Leistungsgrenzen. Rotorblätter bestehen aus großen, halbschalenförmigen Faserverbundbauteilen, die miteinander verklebt sind. Diese Bauweise bedingt lange und dicke Klebstoffnähte, die maßgeblich die Gesamtfestigkeit des Blattes bestimmen. Der Entwicklung von leistungsstarken Klebstoffen für eine neue Generation von sehr großen Anlagen kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu. Im Rahmen des BMWK-Verbundprojekts HANNAH entwickelt und erprobt das DLR in Kooperation mit Forschungs- und Industriepartnern (Universität Hannover , Fraunhofer, INVENT, TECOSIM, Zeisberg Carbon) neuartige hybride Klebstoffe. Hierfür werden konventionelle Füllstoffe in Kombination mit Nanopartikeln eingesetzt. Ziel ist eine verbesserte Kohäsions- und Dauerfestigkeit des modifizierten Klebstoffsystems, bei dessen Konfektionierung auch spezifische Umwelteinflüsse wie Feuchtigkeit und Temperatur zu berücksichtigen sind.
Warum Nanopartikel?
Die Integration von nanoskaligen Partikeln ermöglicht neben konventionellen Füllstoffen, wie Kurzfasern, eine weitere Verbesserung der Materialeigenschaften. Nanoskalige Partikel besitzen sehr große spezifische Oberflächen, weshalb wichtige Verarbeitungseigenschaften, wie eine hohe Viskosität, bereits bei geringen Füllstoffanteilen effektiv eingestellt werden können. In der Windkraftindustrie müssen Klebstoffe thixotrop sein, um den Auftrag von dicken Schichten zu gewährleisten und das Wegfließen des Klebstoffes auf dem Fügeteil zu verhindert. Darüber hinaus müssen eine möglichst blasenfreie Applikation und eine ausreichende Verarbeitungszeit sichergestellt sein. Neben den Prozesseigenschaften ist die mechanische Leistungsfähigkeit der Klebstoffe entscheidend für deren Einsatz in hoch beanspruchten Rotorblättern. Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass mit Kurzfasern verstärkte Klebstoffe eine höhere Steifigkeit (Faktor 2,7) und Risszähigkeit (Faktor 3) besitzen. Gleichzeitig sinkt aufgrund der Kurzfasern jedoch die Bruchdehnung. Diesem Effekt kann mit Hilfe von Nanopartikeln entgegengewirkt werden. Die Kombination beider Füllstoffe ermöglicht somit ein maßgeschneidertes hybrides Klebstoffdesign.
Anwendungsnahe Erprobung
Im Laufe ihrer Betriebszeit sind Windkraftanlagen vielen Umweltbelastungen ausgesetzt. Auch während der Herstellung von Rotorblättern können bereits Umwelteinflüsse, wie erhöhte Temperaturen und Feuchtigkeit, in der Fertigungs- und Lagerumgebung auftreten. Diese Umweltbelastungen können eine Degradation der mechanischen Eigenschaften der Rotorblätter verursachen und letztendlich zu einem vorzeitigen Bauteilversagen führen. Die am DLR entwickelten Klebstoffe werden daher auch bei feuchtwarmen Klimabedingungen eingelagert und bei erhöhten Temperaturen getestet. Es hat sich gezeigt, dass die Diffusion des Wassers durch die Füllstoffe verlangsamt wird. Dem entgegen steht jedoch eine steigende Feuchtigkeitsaufnahme mit zunehmendem Kurzfasergehalt. Daher ist es zielführend den Kurzfasergehalt zu reduzieren, um Wassereinlagerungen möglichst gering zu halten.