Das lernende Expertensystem ermöglicht eine wirtschaftliche Hochratenproduktion nach dem Prinzip „Plug & Fly“. Aufwendige Kompensationsmaßnahmen und Stillstand in der Montagelinie gehören damit zur Vergangenheit. Das Expertensystem wertet spezifische Bauteilinformationen, wie z.B. Toleranzen an Fügestellen, in Echtzeit aus und liefert Voreinstellungen für garantierte Montierbarkeit als Handlungsempfehlung an den/die MonteurIn.
Das lernende Expertensystem für kleine Datenmengen
Das lernende Expertensystem basiert auf Algorithmen des maschinellen Lernens. Solche Algorithmen benötigen oft bis zu eine Million unabhängiger Datenpunkte zum Trainieren. Dieser Datenumfang steht für industrielle Montageprozesse nicht zur Verfügung. Deshalb liegt der Fokus auf der Entwicklung einer Methode, die mit circa zehn unabhängigen Datenpunkten bereits robuste Handlungsempfehlungen, etwa die Voreinstellung von Exzenterbuchsen zum Toleranzausgleich an Verbindungstellen, zulässt. Es ist gelungen, mit Hilfe von neuronalen Netzen einen Algorithmus zu erschaffen, der ausgewogen prognostizieren kann. Das lernende System erkennt statistische Ausreißer, Über- oder Unteranpassung an einzelne Datenpunkte und handhabt diese mit einer hinterlegten Heuristik selbstständig.
Die fundamentale Herausforderung für den Einsatz des Expertensystems ist die Datenqualität. Deshalb ist die Mindestanforderung der Eingangsdaten die Basis der Forschung. Mit optischen Messverfahren eröffnet sich ein Lösungsweg, der zugleich ausreichende Genauigkeit und angemessene Wirtschaftlichkeit anbietet. Standardisierte Messvorrichtungen unterstützen den Vermessungsprozess für ausreichende Genauigkeit. Es ist z.B. entscheidend, ob Bauteile liegend, stehend oder hängend vermessen werden. Angemessene Wirtschaftlichkeit ist jedoch nicht per se gegeben. Die schnelle automatische Erkennung und Bewertung von Bauteilfügestellen und deren Toleranzen ist deshalb im Fokus der Untersuchungen.
Der Lösungsvorschlag basiert auf neuen Methoden zur Referenzierung von Punktewolken sowie der automatischen Erkennung von relevanten Fügestellen. Die kleinen Punktewolken ermöglichen (somit) eine schnelle und dennoch genaue Positions- und Lagebestimmung von Bauteilen im Raum.
Eingangsdaten und Expertensystem ebnen das Feld für die Bewertung des vorliegenden Toleranzproblems bei der Montage von Bauteilen. Das Expertensystem übermittelt, anhand der Wissensbasis aus Trainingsdaten und bereits erhobenen Montageszenarien, eine Handlungsempfehlung an den/die MonteurIn und macht den Montageprozess somit intelligent. Der/Die MonteurIn weiß bereits, ob eine Montage der im Zulauf befindlichen Einzelteile möglich ist und welche Kompensationsmaßnahmen an den Fügestellen mit verstellbaren Vorrichtungen erfolgen müssen. Demnach ermöglicht das Verfahren (oder das System) eine erfahrungsbasierte Unterstützung bei Entscheidungsvorgängen in der Montagelinie: die Grundlage für flexible Kooperation zwischen Mensch und Maschine.
Szenario der Vergangenheit: Stillstand in der Montagelinie
Fertigungstoleranzen in Hochleistungsstrukturen sind ein Hemmschuh für die Umsetzung der Hochratenfertigung im Flugzeugbau. Ineffiziente Kompensationsmaßnahmen in der Montagelinie führen zu Zeitverlust und Kostenerhöhung. Das Entwicklungsziel ist eine Systemlösung, mit der sich die Montierbarkeit von Bauteilen zu Baugruppen ohne nachteilige Kompensation erreichen lässt. Ein eindeutiger Vermessungsprozess und ein schneller Bewertungsvorgang sind die Kernbausteine des lernenden Expertensystems. Darauf beruht die Vorgabe von Montagemaßnahmen und deren Voreinstellung in Montagevorrichtungen für einen intelligenten Montageprozess.
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