Die Entwicklung energieeffizienter Flugzeuge ist ein Schwerpunkt der europäischen Luftfahrtforschung. Für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge, die üblicherweise 30 bis 100 Passagiere befördern, wurde im Rahmen des EU-Programms IADP Regional Aircraft ein Flügel entworfen, der zur Erreichung höherer Effizienz verschiedene Technologien integriert:
- hohe Oberflächengüte zur Erzeugung der natürlichen Laminarität (Natural Laminar Flow – NLF),
- elastisch verformbare, morphende Vorflügel, die eine spaltfreie Hochauftriebskonfiguration ermöglichen,
- morphende Klappen, um Belastungen des Flügels aerodynamisch zu beeinflussen,
- ein Winglet und ein Wingtip mit integrierten Klappen zur Lastbeeinflussung.
Zur Demonstration wurde im EU-Projekt GRETEL (Green Turboprop Experimental Laminar Flow Windtunnel Testing) der Flügel mit diesen Technologien in ein 1:3-skaliertes Windkanalmodell übertragen und für Windkanaltests vorbereitet.
Das resultierende Windkanalmodell musste mit seinen ca. 5 m Spannweite einige Anforderungen erfüllen. Neben den oben genannten Morphing-Technologien, die zentraler Bestandteil der Untersuchungen waren, musste das Modell mit Sensorik zur Messung der Druckverteilung an mehreren Profilschnitten versehen werden, um aerodynamische Daten zu erhalten sowie Sensoren zur Lastmessung enthalten.
Üblicherweise werden Windkanalmodelle als massive Stahlbauteile ausgeführt, um die hohen aerodynamischen Lasten, die während der Versuche auftreten, sicher auszuhalten. Ein Versagen der Struktur oder abbrechende Teile würden zu Schäden am Windkanal führen, was unbedingt vermieden werden muss. Bei dem GRETEL-Modell kam jedoch die Forderung dazu, dass sich das Modell unter den aerodynamischen Lasten ähnlich elastisch verformt wie der Originalflügel. Auch die Aeroelastik, d. h. die Rückkopplung von elastischer Verformung zur Windströmung, muss der des Originals entsprechen. Daher wurde das Modell aus Kohlefaserverbunden gefertigt, da diese es durch den Lagenaufbau ermöglichen, Steifigkeiten und Schwingungseigenschaften des Flügels in den Bauteilen gezielt einzustellen.
Das von der Universität Patras geführte Projektkonsortium umfasste insgesamt vier Forschungspartner. Die Aufgaben des DLR bestanden in der Durchführung von statischen Belastungstests und dynamischen Tests zur Bestimmung des Schwingungsverhaltens des Modellflügels. Ziel der Versuche waren:
- der direkte Nachweis der Festigkeit durch Belastung des Flügels bis zur erwarteten Last im Windkanal ohne sichtbare Schäden und messbare Degradation,
- der Abgleich der Auslegungsrechnung mit den gemessenen statischen und dynamischen Eigenschaften zur Validierung der Strukturmodelle,
- die Kalibrierung der integrierten Sensorik mit bekannten Lasten, um quantitative Messungen im Windkanal durchführen zu können,
- die Erfassung von dynamischen Eigenschaften des Flügels, um die Überwachung von Veränderungen dieser Eigenschaften im Windkanal zu ermöglichen.
Alle Bodentests wurden im November 2021 erfolgreich abgeschlossen und waren die Voraussetzung für den erfolgreichen Versuch im LLF-Windkanal des DNW im Dezember 2021.
Damit ist ein wichtiger Meilenstein erreicht worden, um die untersuchten Technologien einen weiteren Schritt in Richtung Anwendung zu bringen. Die Versuche haben bereits gezeigt, dass die Anforderungen an die Oberflächengüte für natürliche Laminarität noch enger gefasst werden müssen. Die weitere Auswertung der Ergebnisse findet nun im Detail statt.
Das Projekt GRETEL wurde unterstützt durch das Horizon 2020 Clean Sky 2 Joint Undertaking der EU (Grant agreement 737671).
Projektteilnehmer neben dem DLR waren:
Universität von Patras, Griechenland
Altran Deutschland S.A.S. & Co. KG
Invent GmbH, Deutschland
READM S,r.l., Italien