Faserverbundwerkstoffe sind als Hochleistungswerkstoff für moderne Leichtbaukonstruktionen unerlässlich. Sie genügen hohen Anforderungen an Steifigkeit und Festigkeit bei geringem Gewicht. Demgegenüber sind sie jedoch anfällig für Schlagschäden. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Witterungseffekten wie Hagel bis zum fallengelassenen Hammer. IngenieurInnen stehen vor der Herausforderung, komplexe Faserverbundbauteile unter Berücksichtigung solcher Schäden auszulegen. Entscheidend ist hierbei die genaue Kenntnis aller auftretenden Kräfte während des Schlagvorgangs; eine mobile Gasdruckkanone mit integrierter Kraftmessung schafft Abhilfe.
Sensor mit viel Her(t)z
WissenschaftlerInnen untersuchen Materialproben und Kleinbauteile mit Fallturmanlagen oder Pendelschlagwerken. Dazu werden die Prüfkörper gezielt geschädigt und die wirkenden Kräfte aufgezeichnet. Die gewonnenen Daten kalibrieren Berechnungsmodelle und verbessern deren Genauigkeit. Das reicht nicht immer aus. Große Prüfkörper oder komplexe Bauteile lassen sich nicht in herkömmliche Prüfanlagen einbauen. Das gezielte Einbringen von Schäden ist zwar anderweitig technisch möglich; die auftretenden Schlagkräfte werden so allerdings nicht erfasst. Dies gilt gleichermaßen für Schlagprüfungen mit spröden, sich zerstörenden Projektilen aus Eis, Glas oder Keramik.
Abhilfe schafft hier eine tragbare Gasdruckkanone mit herstellerseitigen Sonderanfertigungen für das DLR. Die Kanone ist mit einem Spezialprojektil ausgestattet, dessen Kontaktsteifigkeit sich mit Spiralfedern anpassen lässt. Ein im Lauf verbauter Verschiebungssensor ermittelt den zeitvarianten Kontaktkraftverlauf. Eine hohe Abtastrate ermöglicht ein numerisches Ableiten des Wegsignals und folglich eine Berechnung der wirkenden Kontaktkraft. Bei identischer kinetischer Energie und Masse lässt sich der Kontaktkraftverlauf durch die verbaute Spiralfeder künstlich verändern. Damit kann das Schlagverhalten von starren und spröden Körpern reproduzierbar imitiert und deren Wechselwirkung mit der Struktur in einem mobilen Messsystem untersucht werden.
Vielseitig einsetzbar
Die tragbare Gasdruckkanone und die integrierte Kraftmessung ermöglichen es den AnwenderInnen, komplexe oder verbaute Faserverbundbauteile kontrolliert zu schädigen und die auftretenden Kräfte zu erfassen. Mit Hilfe der nun verfügbaren Messdaten lassen sich Berechnungsmodelle und realistischere Versuchsszenarien validieren. Projektile mit unterschiedlichen Massen, variablen Kopfdurchmessern und anpassbaren Steifigkeiten sorgen für Flexibilität und ermöglichen systematische Untersuchungen von realen Schädigungsursachen unter Laborbedingungen. Mit dem Messsystem wird beispielsweise das Schädigungsverhalten von versteiften Faserverbundpaneelen unter kombinierter Schlag- und Drucklast untersucht.