Neue effiziente Antriebskonzepte mit offenen gegenläufigen Rotoren (CROR, Counter-Rotating Open Rotor) und Flugzeugkonfigurationen mit Hecktriebwerken erfordern einen Schutz des Rumpfes gegen Hochgeschwindigkeits-Impact-Schäden durch Triebwerkstrümmer oder Eis. Einen vielversprechenden Ansatz stellen faserverstärkte Kunststoffe auf Basis triaxialer geflochtener Halbzeuge aus Kohlenstoff- und Polymerfasern dar, die als lasttragender Strukturwerkstoff dienen und gleichzeitig über eine hohe Impact-Toleranz verfügen. Im Rahmen des EU-Programms Clean Sky 2 – DLR-Teilprojekt ADEC (Advanced Engine and Aircraft Configuration) – wurden gemeinsam mit unseren Projektpartnern des Instituts für Bauweisen und Strukturtechnologie die Potentiale verschiedener Materialkombinationen aufgezeigt.
Steigerung der Energieabsorption
Im Gegensatz zu konventionellen Flugzeughäuten aus Aluminium weisen quasi-isotrope Laminate aus Kohlenstofffaser-Prepregs ein unterlegenes Hochgeschwindigkeits-Impact-Verhalten hinsichtlich Energieaufnahmevermögen und Durchschlagsgeschwindigkeit auf. Einen Ansatz zur Steigerung der Energieabsorption stellt die Verwendung von Fasern aus synthetischen Hochleistungspolymeren wie Aramid oder PBO (Polybenzoxazol) dar. Diese Fasern verfügen über hohe Festigkeiten und Bruchdehnungen, jedoch schwache Faser-Matrix-Anbindungen. Letzteres ermöglicht im Impact-Fall eine hohe Energieaufnahme durch ausgeprägte Faser-Matrix-Delaminationen. Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung triaxialer geflochtener Halbzeuge aus Kohlenstoffasern (C-Fasern). Bei diesen Faserarchitekturen ermöglichen die Multiaxialität der Einzelschicht (Faserwinkel: 0° und ±60°) und das komplexe Schädigungsverhalten im Bereich der Faser-Kreuzungspunkte eine gesteigerte Energieaufnahme. Eine umfassende Charakterisierung des Impact-Verhaltens verschiedener Materialkombination erfolgte in Hochgeschwindigkeitsbeschussversuchen am Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie. Am Institut für Systemleichtbau stand die Untersuchung der mechanischen Eigenschaften, wie Festigkeiten und Ermüdungsverhalten, im Fokus.
Geflechte auf dem Prüfstand
In statischen und dynamischen Zugversuchen an drei Laminaten aus geflochtenen gleichausgerichteten Einzelschichten konnte ein sehr unterschiedliches mechanisches Verhalten beobachtet werden. Das C-Faser-Laminat erreichte bei Belastung in 0°- Faserrichtung eine Zugfestigkeit von 720 MPa, die in der Größenordnung quasi-isotroper Luftfahrtlaminate liegt. Die Festigkeit in Querrichtung war mit 550 MPa 24 % geringer, da nur Quer- und Off-Axis-Beanspruchungen vorliegen.
Verglichen mit dem C-Faser-Laminat ermöglichte die Verwendung der um 30 % festeren PBO-Faser eine um immerhin 12 % höhere Laminatfestigkeit (805 MPa). Unter transversaler Last versagte das Laminat aufgrund der geringen Faser-Matrix-Haftung jedoch schon bei einer Zugspannung von 240 MPa. Im Gegensatz zu dem in beiden Richtungen spröde durch Faserbruch versagenden C-Faser-Laminat zeigte das PBO-Laminat ein durch ausgeprägte Delaminationen gekennzeichnetes Versagensverhalten mit Faserauszug unter Längszug und Schubverzerrung unter Querzug. Die Ermüdungsfestigkeiten beider Laminate zeigten ähnliche Tendenzen. Das PBO-Laminat war bis auf den Bereich sehr hoher Schwingbeanspruchungen und sehr kurzer Lebensdauern unterlegen.
Gemischte Fasern – gemischte Resultate
Im nächsten Schritt wurde untersucht, die spezifischen ballistischen und strukturellen Eigenschaften beider Fasertypen in einem Hybridlaminat vorteilhaft zu kombinieren. Ein Laminat mit gleichen Anteilen aus C- und PBO-Fasern zeigte zwar eine höhere Querzugfestigkeit (342 MPa), jedoch nahm die Längszugfestigkeit im Vergleich zum CFK-Laminat um 26 % ab (530 MPa). Ursächlich hierfür sind die Unterschiede in Bruchdehnung und Steifigkeit der Fasern, die zu einem Probenversagen im Einspannungsbereich führten. Auch unter Ermüdungslasten schnitt das Hybridlaminat schlecht ab. Lediglich in Querrichtung wurde verglichen mit dem reinen PBO-Laminat eine geringe Verbesserung der Ermüdungseigenschaften erreicht.