Zukünftige CO2-freie Wasserstoffantriebe erfordern effiziente Technologien und Systeme zur Treibstoffspeicherung. Für Verkehrsflugzeuge ist die Wasserstoffspeicherung in kryogener Form die interessanteste Variante. Wasserstoff ist zwar deutlich leichter als Kerosin, beansprucht jedoch mehr Volumen und einen dedizierten Platz für die benötigten Druckbehälter. Sind große Tanks als Gondel unter den Flügeln oder im Rumpfheck die Lösung für zukünftige Flugzeuge?
Anforderungen an automatische Methoden zur Druckbehälterauslegung
Für die Behälterauslegung sind Berechnungsmethoden der auf Innendruck belasteten Faserverbundtanks nötig, die Tanks der relevanten Flugzeuggrößen von Regional- bis Großraumflugzeug abdecken. Die Auslegungsverfahren müssen zwei Ergebnisse liefern: einerseits eine automatisierte, schnelle und verlässliche Massenbestimmung für den Flugzeugvorentwurf mit seinen vielen Designvariationen und andererseits konkrete Tankstrukturen mit diskreten Lagenwinkeln für die Fertigung. Diese Methoden müssen die Lagenreihenfolge festlegen und dabei zwischen den kompletten Tank bedeckenden Helixlagen und den Umfangslagen entscheiden. Letztere bedecken den zylindrischen Bereich und nur Randbereiche der Domkappen. Durch Kombination der beiden Ergebnisse kann die Wechselwirkung des Tanks vom Flugzeugentwurf bis zur Fertigung abgebildet werden.
Optimierung von Lagenwinkeln in der Wickelsimulation
Für die beschriebenen Anforderungen setzen wir die kommerzielle Wickelsimulation µWind MeFeX ein und erweitern sie um eine automatische, lagenweise Optimierung der Faserverbundwinkel in unserer Opensource-Software tankoh2. In tankoh2 unterscheiden wir regelbasiert, ob schichtweise eine Umfangs- oder Helixlage gewickelt werden soll. Befindet sich die höchste Materialanstrengung im Dombereich, fügen wir eine zusätzliche Helixlage hinzu und optimieren deren Lagenwinkel mit einem globalen Optimierer, der die Minimierung der Materialanstrengung zum Ziel hat. Für den zylindrischen Bereich wickeln wir Umfangslagen und minimieren dabei das Auslaufen der Lagen im Dombereich. Hierdurch verteilen wir den Steifigkeitssprung zwischen zylindrischem Bereich und Dombereich auf eine größere Länge. Durch dieses Anpassen der Lagenanzahl und deren Orientierungen an den Belastungen lässt sich das Leichtbaupotenzial von Faserverbunden ausnutzen. Mit tankoh2 ist das automatische Bewerten von Tanks in verschiedenen Größen und Geometrien möglich. In Zusammenarbeit mit den Entwicklern des Flugzeugentwurfs ermitteln wir unter Berücksichtigung der Einflussfaktoren, wie Struktur, Masse und Aerodynamik, jeweils das Optimum einer Flugzeugklasse multidisziplinär. Für einen Vergleich des Potenzials von CFK- und Aluminiumtanks sind Methoden zur Druckbehälterauslegung für metallische Werkstoffe vorhanden. Diese ermitteln die Wanddicke auf Basis von ISO 20421 inklusive einer Ermüdungsbetrachtung. Es zeigt sich, dass die Masse des Innentanks in einem Anwendungsbeispiel mit einem Volumen von 22 m³ aus Faserverbund inklusive Liner ungefähr ein Drittel der Masse eines Aluminiumtanks beträgt und damit Faserverbunde ein hohes Einsparpotenzial aufweisen.
Linerlose Tanks: Ermittlung des Belastungsniveaus für eine hohe Gasdichtigkeit
Eine weitere Masseneinsparung könnten linerlose Tanks bieten. Dort übernimmt der Faserverbund die Funktion der Gasdichtigkeit. Dafür möchten wir ein Versagenskriterium hinzufügen, welches das Dehnungsniveau so begrenzt, dass die Anzahl und Länge von Mikrorissen beschränkt bleiben. Das nötige Verfahren wird in Ist der Tank noch ganz dicht? beschrieben. Zukünftig soll tankoh2 auch thermo-mechanische Effekte und Inertiallasten in Lastannahmen und Versagenskriterien berücksichtigen sowie den Tank ganzheitlich aus Struktur und Isolation auffassen, um eine Systembewertung zu ermöglichen.