Mit Systemen zur Strukturüberwachung (Structural Health Monitoring – SHM) lassen sich Flugzeugstrukturen kontinuierlich im Betrieb auf Schädigungsereignisse und -fortschritt überprüfen. Dadurch können unerwartete Schadensereignisse bewertet und angepasste Wartungs- und Reparaturmaßnahmen abgeleitet werden, sodass die Verfügbarkeit von Luftfahrzeugen erhöht sowie die Wartungskosten reduziert werden können. Perspektivisch besteht auch die Möglichkeit, durch die Reduktion von Sicherheitsfaktoren Luftfahrtstrukturen leichter zu bauen und damit den Ausstoß von Emissionen zu reduzieren.
SHM-Systeme
Ein SHM-System besteht aus einem Netzwerk von permanent applizierter Sensorik, Aktuatorik sowie aus Hard- und Softwarekomponenten zur Signalanregung, -verarbeitung und -analyse. Mit Hilfe des SHM-Systems werden geführte Ultraschallwellen, (Lambwellen) in der Struktur angeregt. Die Wellen breiten sich großflächig in der Struktur aus und interagieren mit Schäden. Anhand verschiedener Interaktionsmechanismen lassen sich Rückschlüsse auf Schadensort, -art und -größe ziehen.
Die zentrale Fragestellung beim Betrieb eines SHM-Systems ist, inwieweit sich durch den Flugbetrieb erzeugte Signalstörungen negativ auf die Schadensdetektion auswirken. Beispielsweise durch Grenzschichtströmung oder Triebwerksschwingungen werden Störungen generiert, die die Sensorsignale der Ultraschallwellen überlagern und eine zuverlässige Schadensdetektion erschweren können. Es muss somit untersucht werden, ob geeignete Maßnahmen zur Signalverarbeitung oder Flugzustände ausgewählt werden können, um die Signalstörungen auf ein Minimum zu begrenzen bzw. zu eliminieren. Darüber hinaus müssen die Algorithmen zur Schadensdetektion so robust gestaltet werden, dass sie mit solchen Einflüssen umgehen können.
Messungen im Flug
Um diese Untersuchungen durchführen zu können, wurde ein SHM-System in dem DLR-Forschungsflugzeug Dassault Falcon 2000LX ISTAR (In-flight Systems & Technology Airborne Research) installiert. In enger Zusammenarbeit mit der DLR-Einrichtung für Flugexperimente und dem DLR-Institut für Flugsystemtechnik wurde das SHM-System qualifiziert und in den ISTAR eingebaut. Dazu wurde ein Hautfeld im hinteren Bereich des Flugzeugrumpfes mit 24 piezoelektrischen Sensoren ausgestattet. Weiterhin wurden Temperatursensoren und Dehnungsmesssensorik installiert, um thermische und mechanische Belastungen in verschiedenen Flugzuständen messen zu können. Ein in der Kabine installiertes Rack mit SHM-Hardware ermöglicht einem Operator die Überwachung der SHM-Messungen im Flug. Da in die Flugzeugstruktur keine realen Schäden eingebracht werden können, wurden Pseudo-Schäden verwendet, die vergleichbare Welleninteraktionen wie reale Schäden hervorrufen und somit von den Schadensalgorithmen detektiert werden können. Die Pseudo-Schäden haben unterschiedliche Größen und können flexibel an unterschiedlichen Stellen innerhalb des SHM-Sensornetzwerks an der Struktur angebracht werden.
Ein wertvoller Datenschatz
Im Rahmen der Flugversuche wurden SHM-Messungen in unterschiedlichen Flugzuständen und -manövern durchgeführt. Dies beinhaltete Geradeausflüge, Schiebeflüge und Kurvenflüge von 45° bis 60° Neigung in Höhen von 12.000 und 20.000 Fuß bei jeweils 180 und 300 Knoten.
Die SHM-Messungen wurden während der verschiedenen Flugkampagnen erfolgreich durchgeführt. Damit steht jetzt ein einzigartiger Datenschatz zur Verfügung, der über viele Jahre als Basis für die Entwicklung und Erprobung von SHM-Algorithmen genutzt werden kann.