Neue 3D-Druck Verfahren zeigen erhebliche Vorteile gegenüber Standardproduktionsverfahren für kleinere Stückzahlen. Ein Hauptvorteil liegt darin, auf Basis von CAD-Daten Bauteile in Endgeometrie zu produzieren und direkt einsetzen zu können. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Filamente, was Vorbehandlung (z.B. Trocknung) und Modifikationen angeht, als kritisch im Handling zu erachten sind. Das Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik verfolgt das Ziel diese kritischen Lücken zu schließen. Hierzu wird ein Compounder eingesetzt, der das eigentliche Rohgranulat direkt zu Filamenten verarbeitet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit über den Compoundierprozess dem Filament weitere Additive hinzuzufügen. Somit werden Filamente mit gezielten Eigenschaftsverbesserungen erhalten. Das Strategiefeld AddCompS mit seinen unterschiedlichen 3D-Druckverfahren profitiert von dieser Technologie. Multifunktionale Bauteile können so mittels 3D-Druckverfahren effizienter und qualitativ hochwertiger hergestellt werden.
Was macht der Compounder?
Mit Hilfe eines Compounders können thermoplastischen Kunststoffen Additive oder Füllstoffe beigemischt werden. Auf diese Weise lassen sich die Werkstoffeigenschaften je nach Anforderungsprofil für das spätere Bauteil gezielt anpassen. Die Compoundierung erfolgt hierzu mit einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder. In diesen werden Kunststoffgranulat und Zuschlagstoffe über Trichter eingespeist und durch die Drehung der Schnecke weiterbefördert. In den Verfahrenszonen des Compounders wird der Kunststoff zunächst aufgeschmolzen. Anschließend erfolgen die Dispergierung und Vermischung mit den Zuschlagstoffen sowie eine Entgasung und der Druckaufbau. Über ein profilgebendes Werkzeug lassen sich aus der Kunststoffschmelze dann z.B. Filamente herstellen, welche mittels 3D-Druckverfahren zu Bauteilen verarbeitet werden können. Abbildung 1 zeigt den Düsenaustritt am Compounder mit entsprechendem Filament. Hierbei muss eine hohe und konstante Qualität der Filamente durch die Etablierung von Fertigungsstandards sichergestellt werden.
Thermoplast-Design für den 3D-Druck
Die Materialentwicklung für den 3D-Druck verfolgt das Ziel Thermoplastfilamente herzustellen, die aus anwendungs- und verarbeitungstechnischer Sicht maßgeschneidert sind. Als Ausgangsmaterialien werden sowohl Standardpolymere wie Polyamide als auch Hochleistungspolymere wie z.B. PEEK und PEI betrachtet, um ein breites Anwendungsspektrum vom Automobil- und Energiesektor bis zum Luft- und Raumfahrtbereich abzudecken. Die konkrete Auswahl des Materials ist bestimmt durch die Anforderung an die mechanischen Kennwerte, Medienbeständigkeit und thermische Eigenschaften. Durch die Zugabe von Mikro- und Nanofüllstoffen in Form von Partikeln oder Fasern lassen sich diese Eigenschaften entscheidend verbessern oder sogar neue Funktionalitäten generieren, beispielsweise elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit. Darüber hinaus soll das Potenzial von Nanofüllstoffen als Kristallkeimbildner (Nukleierungsmittel) überprüft werden, wodurch ein nachgelagerter zeitintensiver Konditionierungsschritt bei teilkristallienen Thermoplasten vermieden oder reduziert werden könnte. Neben der angestrebten verkürzten Prozesszeit führen Füllstoffe auch zu einer Verringerung von Eigenspannung und Verzug im Bauteil. Für jede Kombination aus Basispolymer und Additiv sind jeweils individuelle Compoundierungsparameter zu ermitteln, die zu einer guten Verteilung und auch Vereinzelung der Füllstoffe und damit zu einer homogenen Filamentqualität führen. Anhand der Compoundierung von Pechkurzfasern in PLA konnte dieses sehr eindrucksvoll nachgewiesen werden. In Abb. 2 und 3 sind die Edukte, das finale Filament sowie der Vereinzelungsgrad mittels Filamentschliffbildes illustriert. Es zeigte sich, dass die chemische Kompatibilität von Thermoplast und Füllstoff sowie deren Vorkonditionierung entscheidende Schritte zum Erfolg sind. Die Compoundierung und thermomechanische Charakterisierung von gefüllten Hochleistungsthermoplastfilamenten stellen die nächste werkstoffliche Herausforderung dar, um das Nutzungsspektrum dieser Werkstoffklasse für die gezielte Bauteilherstellung mittels 3D-Druck zu erweitern.