Mit welchen Technologien gelingt die Transformation zum klimaneutralen Luftverkehr? Wie lassen sich diese Technologien in Flugzeugarchitekturen integrieren? Diese Fragen will das EXACT-Projekt gesamtheitlich untersuchen. Zur Auslegung und Bewertung derartiger Flugzeugkonzepte dient ein eigens aufgebauter multidisziplinärer Entwurfsprozess. Das lightworks-Framework stellt darin die Methoden zur Flügelauslegung mit hoher Recheneffizienz bereit.
Klimaneutrales Fliegen bis 2040
Vor dem Hintergrund der Pariser Klimaziele muss der stetig wachsende Luftverkehr seine Umweltwirkungen drastisch reduzieren. Klimaneutrales Fliegen erfordert grundlegend neue Antriebe und deren Integration in entsprechende Flugzeugkonfigurationen. Die größten Einsparungspotenziale bieten elektrische, hybrid-elektrische oder auf Wasserstoff basierende Konzepte für Größen von mehr als 50 Sitzen und einer Reichweite von mindestens 1.000 km. Diese Konfigurationen gesamtheitlich zu bewerten, ist Inhalt des EXACT-Projekts. Das Institut für Systemleichtbau entwickelt dazu das Strukturdesign des Flügels über einen Optimierungsprozess.
Allein geht es nicht – der multidisziplinäre Entwurf
Die Effizienz eines Flugzeugs hängt von vielen miteinander wechselwirkenden Disziplinen wie Aerodynamik, Strukturdesign, Antriebstechnologie etc. ab. So verändert z. B. die Anordnung neuer Triebwerke oder Energiespeichersysteme die Belastung der Struktur im Flugbetrieb. Um diese Effekte zu bewerten, haben wir gemeinsam mit weiteren DLR-Instituten eine Toolkette für die Berechnung der Strukturmasse aufgebaut. Besonderer Fokus lag dabei auf einer hohen Rechengeschwindigkeit zur schnellen Bewertung vieler verschiedener Konzeptentwürfe. Die einzelnen Tools sind über die Integrationsumgebung RCE zu einem Prozess verbunden. Der Datenaustausch zwischen den Tools erfolgt über das CPACS-Format, das entwurfsspezifische Parameter des Flugzeugs speichert.
Strukturauslegung mit lightworks
Die institutseigenen Tools steuern in der Gesamtentwurfs-Kette die Flügelstruktur bei. Seit jeher ist das Ziel der Strukturauslegung die Minimierung der Masse unter Einhaltung von Versagensgrenzen. Dies ist in Lightworks als Optimierungsproblem für einen automatisierten Prozess implementiert. Das Framework hält dabei verschiedene Faserverbundparametrisierungen, Auslegungskriterien und Algorithmen vor. Zur Bereitstellung einer hohen Recheneffizienz setzt lightworks auf gradientenbasierte Optimierungsverfahren, die bei Problemen mit sehr vielen Variablen höhere Konvergenzraten erreichen. Die Flügel-Innentopologie liefert der Modellgenerator DeLiS. Spannungen und Verformungen des Flügels stellt der Solver PreDoCS auf Basis von analytischen Balkenmodellen für die Optimierung bereit. So lassen sich die Auswirkungen unterschiedlicher Tank- und Antriebskonzepte oder Geometrien auf die Flügelstruktur untersuchen. Auch neuartige Faserverbund-Bauweisen können über diese Methodik untersucht werden, wie es beispielsweise im CTNT-Projekt für einen in Wickeltechnologie gefertigten Flügel angewandt wird
…und was kommt raus?
Ein Mittelstreckenflugzeug mit 250 Passagieren und Wasserstoffantrieb kann aufgrund der größeren Treibstoffmenge die Tanks nicht mehr im Flügel unterbringen wie bei Kerosin-betriebenen Konfigurationen. Mit den fehlenden Tankmassen entfällt auch das entlastende Moment am Flügel, das den aerodynamischen Kräften entgegenwirkt. Dieser Effekt sowie der längere Rumpf für die Unterbringung der H2-Tanks, führen zu höheren Lasten an der Flügelstruktur. Deren Kompensation erhöht die Flügelmasse um 10 %. Dies ist eine von vielen Erkenntnissen, die das EXACT-Projekt bereits geliefert hat.