Der transsonische Reiseflug stellt einen Kompromiss zwischen möglichst hoher Reisefluggeschwindigkeit und somit verkürzter Flugzeit bei zugleich möglichst geringem Treibstoffverbrauch dar. Diesen gehen Flugzeughersteller sowie Airlines ein, um insb. vor dem Hintergrund steigender Treibstoffpreise und dem Streben nach Emissionsminderungen im Flugverkehr gewinnorientiert zu wirtschaften. Bei diesen Fluggeschwindigkeiten bilden sich allerdings immer noch transsonische Stöße auf den Flügeln. Diese Stöße erzeugen Wellenwiderstand, der den Gesamtwiderstand des Flügels erhöht. Auch kann es zu dem Buffet-Phänomen kommen, wodurch Vibrationen in die Flügelstruktur eingetragen werden. Um die Stoßstärke zu reduzieren und folglich Treibstoff zu sparen sowie den Buffet-Beginn hinauszuzögern, können sog. Shock Control Bumps (SCBs) in der Nähe eines Stoßes eingesetzt werden. Um solche SCBs außerhalb ihres Auslegungsbereichs einfahren oder ihre Form aktiv anpassen zu können, müssen sie adaptiv gestaltet werden. Ein morphender Spoiler kann auf unterschiedliche Weise zur transsonischen Stoßkontrolle eingesetzt werden. Während ein Konzept ausschließlich mit einer adaptiv ausgelegten vorgebogenen Struktur eine höhenvariable SCB ohne zusätzliche Aktuatoren ausbilden kann, kombinieren zwei weitere Konzepte dieses Prinzip der strukturellen Vorbiegung mit zusätzlichen Aktuatoren – unter anderem mit Formgedächtnislegierungen (Shape Memory Alloys, SMA). Zusätzliche Supportaktuatoren ermöglichen eine exakte Formkontrolle der SCB, sodass diese an die unterschiedlichen Positionen des transsonischen Stoßes angepasst werden kann.
Morphende Spoiler zur aktiven Widerstandsreduktion
SCBs haben eine Höhe von lediglich 0,3 % bis 0,8 % der Profiltiefe und reichen über 10 % bis 20 % der Profiltiefe. Untersuchungen mit adaptiven SCBs wurden von Goerttler (2024) im Rahmen des LuFo-Projektes Move-IntegR (FKZ: 20W1729C) durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass bei einem Langstreckenflugzeug mit Hybrid Laminar Flow Control (HLFC) bei einer beispielhaften Flugmission von 9000 km etwa 2 % Widerstand reduziert werden können. Dies ergibt eine Treibstoffeinsparung von etwa 1000 kg.
Beim Morphing werden Strukturen formvariabel ausgelegt, um aktiv ihre Form zu ändern und sich somit an aerodynamische Bedingungen anzupassen. Der Spoiler ist ein besonders interessantes Bauteil für Morphing-Anwendungen, weil er bereits ein adaptives System mit einem Aktuator darstellt. Mit der Lösung einer strukturellen Vorbiegung des Spoilers kann eine SCB ausgebildet werden, sobald der Aktuator ein Stück ausfährt. Die Vorbiegung hält währenddessen die Hinterkante des Spoilers auf der Landeklappe. Da bei diesem Konzept kein zusätzlicher Aktuator von Nöten ist, wird es nach Künnecke et al. (2022) als Ein-Aktuator-Konzept bezeichnet. Mit diesem sind die oben genannten Treibstoffreduktionen nach Goerttler (2024) erzielbar.
Zusätzlicher Supportaktuator zur Formkontrolle der SCB
Nach Künnecke et al. (2023) kann mit Hilfe eines zusätzlichen Supportaktuators die SCB an die veränderlichen Umgebungsbedingungen und die sich damit verändernde Stoßposition angepasst werden. Hierfür kann eine exakte Kontrolle der Scheitelpunktposition mit der Kombination aus lediglich zwei hintereinanderliegenden Aktuatoren sowie einer vorgebogenen Spoilerstruktur erzielt werden, was die zusätzliche Komplexität dieses Systems in Grenzen hält. Sollte der Bauraum für einen zweiten konventionellen Aktuator allerdings nicht ausreichen, so kann nach Künnecke et al. (2024) der Supportaktuator als Formgedächtnislegierung ausgeführt werden. Diese zeichnen sich durch ihre große reversible Dehnung aus, sodass sie hohe Kräfte bei vergleichsweise geringen Querschnitten entwickeln können. Derartige Aktuatoren können folglich platzsparenden ausgeführt werden, was sie zu einer attraktiven Lösung für Problemstellungen mit begrenztem Bauraum macht.