In der Welt der Forschung liegt der Schwerpunkt vieler Softwarecodes auf der Problemlösung. Die Nutzbarkeit durch weitere Personen gehören selten zu den berücksichtigten Kriterien. Daher spielen die Übersichtlichkeit, Zugänglichkeit und die Dauer bis zur Erstellung eines ersten Ergebnisses kaum eine Rolle. Ob neue Technologien oder Verfahren angewendet werden, hängt maßgeblich davon ab, wie zugänglich sie sind. Viele nützliche Codes bleiben auf einem Prototypenlevel und werden selten von anderen Nutzern angewendet oder weiterentwickelt. Das gilt insbesondere für Bereichen wie der Peridynamik mit hohen Anforderungen an die Performance. PeriLab adressiert dieses Problem. Mit diesem peridynamischen Simulationscode konnten wir die Zeit von Stunden auf Minuten reduzieren bis eine Person ihre erste Lösung generiert, ohne ihre Zeit für einen neuen Code verwenden zu müssen. So können unsere neuen Verfahren schnell ausprobiert werden. Neue Methoden sind ebenfalls einfacher integrierbar und erlauben Doktorand*innen schnellen Fortschritt in ihrer Arbeit. Die neue peridynamische Software PeriLab ist eine Antwort, weil sie Anwendbarkeit mit Nutzbarkeit kombiniert.
Ingenieur*innen setzen heutzutage hauptsächlich auf die Finite Elemente Methode, wenn es um die Analyse von Strukturen geht. Dabei kommen eine Vielzahl von kommerziellen und nicht-kommerziellen Softwarelösungen zum Einsatz. Seit 2016 widmet sich das Institut einem vergleichsweise jungen Forschungsfeld – der Peridynamik. In diesem Bereich werden innovative Verfahren entwickelt und implementiert, bei denen Risse nicht das Problem, sondern ein integraler Bestandteil der Lösung sind. Trotz dieses klaren Vorteils im Vergleich zu etablierten Verfahren stellt sich die Frage: Warum wird diese Möglichkeit kaum genutzt?
Zugänglichkeit als zentrales Hindernis
Ein wesentliches Hindernis liegt häufig in der Zugänglichkeit, was exemplarisch an der peridynamischen Software Perdigm deutlich wird. Obwohl sie vergleichsweise weit entwickelt und als Open Source verfügbar ist, bleibt ihre Verbreitung im Bereich der Peridynamik-Forschung begrenzt. Ein Grund ist unter anderem die enorme Herausforderung bei der Installation dieser Software. Trotz ausführlicher Dokumentation erfordert der Einrichtungsprozess Stunden an Zeitaufwand und schreckt potenzielle Nutzende ab. Die Erweiterung der Software und Implementierung neuer Verfahren ist ebenfalls schwierig und zeitintensiv. Aus diesem Grund greifen viele Doktorandinnen und Doktoranden auf eigene Codes zurück. Leider geraten diese häufig nach Abschluss der Doktorarbeit in Vergessenheit und erfüllen nur selten grundlegende Softwarequalitätsstandards. Dieser Zyklus der Selbstentwicklung und -implementierung führt nicht nur zu ineffizienter Nutzung von Ressourcen, sondern beeinträchtigt auch die Qualität und Fortschrittsrate in der Forschung erheblich.
PeriLab als Schlüssel zur einfacheren Nutzung
PeriLab setzt sich zum Ziel, die Zugänglichkeit zu verbessern. Dies hat mehrere Gründe. Als Open Source Projekt bedeutet eine bessere Zugänglichkeit, dass mehr Personen die Software nutzen und möglicherweise weiterentwickeln können. Eine breitere Nutzung stärkt das Vertrauen in die Software und trägt dazu bei, Fehler zu identifizieren. Durch die Entwicklung durch verschiedene Personen wird der Funktionsumfang erweitert. Das langfristige Ziel ist der Aufbau einer sichtbaren Community, die im Bereich der Peridynamik in Deutschland bisher fehlt.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Programmiersprache Julia gewählt. Julia hat von Natur aus das Ziel, hochperformante Simulationscodes zu entwickeln. Aufgrund seiner modernen Struktur reduziert sich die Installationsdauer von PeriLab auf wenige Minuten, mit nur zwei erforderlichen Befehlen. Es besteht auch die Möglichkeit, die Berechnungen in der Cloud durchzuführen.
Die Implementierung neuer Verfahren gestaltet sich ebenfalls deutlich einfacher. Um beispielsweise ein neues Materialmodell zu integrieren, müssen in Peridigm mindestens fünf Dateien bearbeitet werden; in PeriLab genügt eine einzige. Der Code erlaubt bereits jetzt eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, darunter thermische Analysen, additive Fertigung sowie Schadens- und Materialmodellierung.
PeriLab steht als Julia-Paket zur Verfügung und lässt sich daher leicht installieren. Es kann auch als Paket aufgerufen und ist über eine API aufrufbar. Der Code ist parallelisiert und skaliert in seiner ersten Version sehr gut. Er steht unter einer BSD Lizenz frei zu Verfügung und erste Nutzerinnen und Nutzer aus dem universitären Umfeld setzen die Software bereits ein. Der Vorteil besteht nicht nur in der Verbreitung unserer Entwicklungen. Externe Nutzende können diese anwenden, verbessern und erweitern, sodass sich die Qualität und der Umfang von PeriLab steigert. Der Ansatz, Software für diejenigen zu entwickeln, die Probleme lösen wollen, hat sich als erfolgreich erwiesen