Gibt es Niete, die zur Verbindung von 30, 50 oder sogar 100 mm dicken Faserkunststoffverbunden (FKV) geeignet sind? Anwendungsgebiete gäbe es einige: Rotorblätter von Windenergieanlagen, Flugzeuge und Raketen – alle benötigen Verbindungstechniken für hochbelastete, dickwandige FKV. Die Nietverbindung stößt hier aber aufgrund von zu hohen Montagekräften an ihre Grenzen. Daher kommen dort weniger tragfähige klassische Bolzenverbindungen zum Einsatz. Das Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik (FA) hat eine belastbarere Alternative entwickelt: die radial und axial vorgespannte (RAX) Bolzenverbindung. Bauteiltests bestätigen die überragende Tragfähigkeit unter einmaliger und besonders unter zyklischer Belastung.
Nimmermüde
Segmentierte Rotorblätter von Windenergieanlagen benötigen eine Verbindungstechnik, die höchsten statischen und zyklischen Lasten standhält und große Fertigungstoleranzen ausgleichen kann. An diesem Anwendungsfall verifizieren Lochleibungstests das Potenzial der RAX-Verbindung im Vergleich zu einer klassischen Bolzenverbindung mit T-Bolzen. Die RAX-Technologie steigert die Lochleibungsfestigkeit um 30% unter statischer und um 80% unter zyklischer Belastung. Die besseren Kennwerte führen zu geringeren Strukturgewichten im Verbindungsbereich. Durch die geringe Anforderung an die Durchmessertoleranz spart die RAX-Technologie außerdem Fertigungskosten beim Bohren.
Bis 2021 untersucht das Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik weitere Anwendungsfälle für die RAX-Verbindung. Besonders in der Kombination mit Faser-Metall-Laminaten wird eine nochmalige Steigerung der Tragfähigkeit erwartet.
Negatives Spiel
Ein wichtiger Kennwert für eine Verbindung mit Bolzen (oder Niet) ist das Spiel des Bolzens in der Bohrung, d. h. wie viel „Luft“ zwischen Bolzen und Bohrungsmantelfläche vorhanden ist. Bei großem Spiel lässt sich der Bolzen einfach montieren, aber die Festigkeit der Verbindung ist aufgrund der kleineren Kontaktfläche geringer. Niete haben zunächst ein großes Spiel, so dass sie einfach eingesetzt werden können. Bei der Montage verformen sich die Niete plastisch, so dass sie sich radial ausdehnen, d. h. ihren Durchmesser vergrößern. Dadurch wird das Spiel zu Null – oder sogar negativ, d. h. der Niet weitet die Bohrung auf. Diese radiale Vorspannung der Bohrung steigert insbesondere die Dauerfestigkeit der Verbindung. Außerdem haben Niete einen Kopf, der das Laminat in Dickenrichtung (axial zum Niet) stützt. So werden Delaminationen unterdrückt und in erster Linie steigt die statische Festigkeit der Verbindung.
Die vom Institut FA entwickelte RAX-Verbindung funktioniert ähnlich wie ein Niet: Eine Vorspannung in radialer und axialer Richtung erhöht die Festigkeit der Verbindung. Anstatt einer plastischen Verformung werden bei der Montage konische Ringe übereinander geschoben, so dass sich diese radial ausdehnen. Integrierte Flansche stützen das Laminat in Dickenrichtung. So ist es möglich, auch hochbelastete, dickwandige FKV-Strukturen mit beherrschbaren Montagekräften zu fügen.
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